Die organisierte Kirche der Zukunft - eine Rezension
Rezension zu: Martin Grahl: »Die organisierte Kirche der Zukunft«, Fehmarn West 2023, 174 S. - von Dr. Hans-Joachim Ramm
lmmer wieder tauchen in den Medien Schlagzeilen wie »Tausende verlassen die Kirche« o.ä. auf, selbst Fernsehsender bringen diese »News« in ihren Hauptnachrichten wie etwa RTL. Die Kirchen sind »zutiefst verunsichert« und suchen aus »Angst vor zunehmender Bedeutungslosigkeit« nach Erfolgsrezepten.
Mit der vorliegenden Schrift will der Verfasser kein neues Rezeptbuch vorlegen, aber auf die Gefahren aufmerksam machen, die z.B. durch Anlehnung an die Welt der Wirtschaft entstehen oder in der das Heil im »Netz« (in der digitalen Welt) gesucht wird mit manchen sich überschlagenden neuen Methoden und Möglichkeiten. Er warnt davor, in Gottesdiensten eine Art religiöses Theater zu sehen und Amtshandlungen als Events zu verkaufen (S. 132). Nach Mustern der Verwaltung wird von oben regiert, eigenständigen Kirchgemeinden wird aufgrund einer Zentralisation - was als Regionalisierung verkauft wird - in nicht wenigen Feldern die Gestaltungsmöglichkeit genommen (S. 145). Es entstehen zahlreiche Pfarrstellen außerhalb der Ortsgemeinde, kirchenleitende Organe werden - wie der Staat es uns vormacht - über die Maßen aufgebläht und somit entfernt sich »Kirche« immer mehr von ihren Mitgliedern.
Grahl geht es um die Bedeutung des geistlichen Lebens, in deren Mittelpunkt der Gottesdienst steht und er sieht es kritisch, »wenn Verwaltungen und gewählte Gremien sich nicht unter, sondern über Gemeinden und Liturgie stellen, das geistliche Leben zum Beispiel durch Verschlankung ,effizient' machen wollen, wie in der Digitalen Kultur üblich« (S. 53). Der Autor fragt in seiner Studie nach, inwieweit sich »Kirche« auf die Digitale Kultur einlassen will, in der die Rede von Gott nur zu einer Art Datensatz mutiert (S. 59). lm Digitalen wird alles zur Information. »Die Inkarnation Gottes in Christus ist aber weder Information, noch ein Fakt im naturwissenschaftlichen oder üblich historischen Sinn.« Dieses Problem muss den Verantwortlichen in den Kirchen bei ihrem Handeln bewusst sein (S. 86).
Martin Grahl geht all diesen Problemfeldern nach und entwickelt hinter den Fragestellungen als Gegenpol den Gottesdienst und liturgisches Denken als die Mitte kirchlichen und geistlichen Lebens. Ein wichtiges theologisches Buch, das sicher auch zu kontroverser Diskussion führen kann, an dem aber kaum jemand vorbeikommt, der sich ernsthaft Gedanken über die Zukunft von Kirche macht.
Weitere lnformationen von und zum Autor unter: www.martinqrahl.com - Dort kann unter »Kirche aktuell« das ganze Buch auch als .pdf geladen werden.
[Artikelübernahme aus: Publikation des Thüringer Pfarrverein, Nr. 2, 2024, S. 27]




